Eltern mit Kind

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Wann kommt die Gleichberechtigung?

24.11.2016

Die neuen Väter wechseln Windeln, bereiten Babyfläschchen vor und füttern ihre Lieblinge, singen sie in den Schlaf und stehen nachts auf, wenn das Baby schreit. Unsere Gesellschaft hat sich gewandelt, aber wo bleibt die Gleichberechtigung?

Vater im Sinne des Gesetzes ist der Mann, der zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde.

Die Möglichkeiten für Väter, Arbeit und Familie zu vereinbaren wurden in den vergangenen vierzig Jahren schrittweise aufgebaut. Es bleibt noch viel zu tun.

Im Jahr 2006, vor Einführung des Elterngeldes, nahmen keine vier Prozent aller Väter eine Auszeit im Job, inzwischen sind es rund dreißig Prozent. Das klingt zunächst gut, aber 80 Prozent aller Väter, die überhaupt in Elternzeit gehen, entscheiden sich für die kürzeste mögliche Dauer – zwei Monate, was zu dem Begriff Zweimonatsväter geführt hat. Insgesamt liegt die durchschnittlich Länge der Väterzeit bei 3,2 Monaten. Hierfür gibt es viele Gründe. Bei vielen Vätern beginnt das Problem schon mit der eigenen Unwissenheit. Dabei gilt:

Jeder Elternteil hat das Recht, für die Kinderbetreuung bis zu drei Jahren unbezahlt in Elternzeit zu gehen. Elternzeit ist ein arbeitsrechtlicher Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Elterngeld ist dagegen eine staatliche Sozialleistung. Wer Elternzeit beanspruchen will, muss dies dem Arbeitgeber spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich mitteilen. Fax oder E-Mail reichen nicht.

Für Kinder, die nach dem 1. Juli 2015 geboren sind, hat der Gesetzgeber die Regelungen zur Elternzeit noch flexibler gestaltet. Bis zu 30 Stunden in der Woche können Arbeitnehmer auch in Teilzeit arbeiten, ohne dass die Elternzeit dadurch endet. Im Anschluss an die Elternzeit haben Mitarbeiter das Recht, in ihren alten oder einen vergleichbaren Job zurückzukehren.

Eng verbunden mit diesem Unwissen ist die Angst vor dem Karriereknick. Zwar darf rein rechtlich niemandem gekündigt werden, weil er Elternzeit nimmt. Dennoch fürchten viele Väter, dass ihren im Zweifelsfall eben das passiert oder dass sie berufliche Nachteile erleiden. Die berufliche Rollenverteilung ist überwiegend immer noch so, dass die Väter Alleinverdiener sind. Damit kommen finanzielle Aspekte ins Spiel, denn der Anspruch auf Elternzeit erstreckt sich für beide Elternteile auf drei Jahre, Elterngeld wird jedoch nur für maximal 14 Monate gewährt. Anders, wenn die Kinder ab dem 01.07.2015 geboren werden, dann können die Eltern Elterngeld Plus beziehen.

Insofern haben die Väter genauso wie die Mütter zwar einen gesetzlichen Anspruch auf Elternzeit. Väter wollen mehr Zeit mit dem Kind verbringen, es aufwachsen sehen und zu einer engen Bezugsperson zu werden.

Ab Mai 2014 ist das Gesetz zur vertraulichen Geburt in Kraft getreten. Dabei können Mütter in schwierigen Situationen ein Kind anonym in einer Klinik zur Welt bringen und dort abgeben, hinterlassen aber ihre Personendaten, damit das Kind später seine Herkunft erfahren kann. Damit lässt das Gesetz die Interessen der Väter völlig außen vor und ermöglicht es, dadurch , dass Väter gegen ihren Willen ihr Kind entzogen bekommen.

In einer Entscheidung vom 15.01.2015, Beschwerdenummer 62198/11, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Rechte leiblicher Väter gestärkt, die auch gegen den Willen der Mutter mit ihren Kindern regelmäßig Umgang wollen. Das Gericht kam dabei zu dem Ergebnis, dass die deutsche Gesetzgebung und Rechtsprechung die Väter nicht genug schütze. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellt in seinem Urteil eine Verletzung von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens und eine Verletzung von Artikel 13, dem Recht auf wirksame Beschwerde, in Verbindung mit Artikel 8 EMRK fest.

Ich wünsche allen Vätern viel Kraft und allen Kindern viel Zeit mit ihren Vätern.

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Astrid Nastasi

Autorin:
Astrid Nastasi arbeitet seit 1981 als Rechtsanwältin mit Schwerpunkt Familienrecht, seit 1996 als Fachanwältin für Arbeitsrecht.
http://www.rae-nastasi-wrede.de

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