Eine Mutter erklärt ihrer Tochter die Hausaufgaben

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Lernschwierigkeiten: Wie kann ich helfen?

02.02.2022

Wie sollte man mit schlechten Noten umgehen? Sollte mein Kind wegen einer Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS) oder Rechenschwäche die Klasse wiederholen oder gar die Schule wechseln? Welche Auswirkungen hat der Nachteilsausgleich für die Kinder?

Diese Fragen bewegen Eltern und wurden im Rahmen meiner langjährigen lerntherapeutischen Tätigkeit regelmäßig an mich herangetreten. Eltern fürchten zum Beispiel, dass ihr Kind stigmatisiert wird, sobald es offiziell als „lernschwach“ eingestuft wird und beispielsweise einen Nachteilsausgleich bekommt. Oft entscheiden sie sich dann, ihr Kind gar nicht erst testen zu lassen, ob es eine Lernschwäche hat oder nicht.

Eltern müssen sich dann fragen: Was genau sind die Probleme meines Kindes? Und was sind die Ursachen für die Schwierigkeiten? Erst dann kann eine zielgerichtete und wirkungsvolle Unterstützung hergeleitet werden. Das kann eine fehlende Lernmotivation aus einem ungünstigen Lehrer-Schüler- oder auch ein Schüler-/Schüler-Verhältnis sein, das zu Lernblockaden führt. Es können auch Konzentrationsprobleme oder ein ungünstiges Arbeitsklima sein; in der jetzigen Zeit darf man auch den Aspekt des häufigen Unterrichtsausfalls nicht vergessen.

Ein Nachteilsausgleich kann in einem solchen Falle Kindern mit einer LRS oder Rechenschwäche Erleichterung verschaffen, indem bestimmte Hilfsmittel verwendet werden dürfen wie Lesepfeil, vergrößerte Kopien oder Rechentabellen. Ab einer bestimmten Eskalationsstufe kann auch vorrübergehend auf die Benotung der Rechtschreibleistung verzichtet werden. Das Kind kann dann mit weniger Stress lernen und seine Lücken möglicherweise schließen.

Aber was soll man tun, wenn von Seiten der Schule das Problem nicht ernst genommen wird?
Dann kochen die Emotionen schon mal hoch, und man muss versuchen trotz allem einen guten Weg zum Gespräch mit der Lehrkraft zu finden. Lerntherapeuten können dann vermittelnd das Leid und die psychische Belastung, sowie die fachlichen Schwierigkeiten an die Lehrkräfte herantragen.

Im Extremfall können Eltern zur Schulleitung gehen und versuchen einen Klassenwechsel zu erreichen oder sogar die Schule wechseln. All das bringt jedoch auch wieder viele Nachteile und Unruhe für das Kind mit sich, so dass man dazu nur in der allergrößten Notlage greifen sollte. Ohne eine tiefgründige Betrachtung der Situation kann es auch dazu kommen, dass uns Probleme vielleicht an einer anderen Schule wieder einholen.

Wenn sich schlechte Noten häufen, kommen Eltern auch immer wieder mit der Frage, ob eine Klassenwiederholung sinnvoll wäre, vor allem im Grundschulbereich. Das Kind hat zum Beispiel „nur“ Schwierigkeiten in Mathematik und kommt in anderen Fächern gut mit oder ist sogar richtig gut. So wie jedes Kind einzigartig ist, braucht es hier auch eine einzigartige Entscheidung für den ganz konkreten Fall. Wenn wir ein Kind haben, dass „nur“ von einer LRS oder „nur“ von einer Rechenschwäche betroffen ist, so handelt es sich hier um Entwicklungsverzögerungen, welche immer einer gewissen Zeit bedürfen, um dem Kind eine Chance zu geben, sich hier nach zu entwickeln. Manchmal kann es sinnvoll sein, eine Klasse zu wiederholen, um zu konsolidieren, denn in der Grundschule werden die Grundlagen für alles weitere Lernen gelegt.

Doch welche Schule wählt man dann am besten für sein Kind?
Entscheidend wie gut ein Kind an einer Schule zurechtkommt, ist meiner Erfahrung nach nicht so sehr die Schulform, sondern mehr, auf welche Lehrkräfte es trifft, wie der Klassenverband oder die Lerngruppe sind. Dazu kann man ein Gefühl entwickeln, wenn man sich umhört, im Internet liest, mit befreundeten Eltern spricht, ob eine Schule grundsätzlich dafür offen ist, Kinder mit Besonderheiten zu akzeptieren und mit ihnen zu arbeiten. Wenn eine Schule eine solche Kultur hat, ist die Wahrscheinlichkeit viel größer, dass auch Kinder mit Lernproblemen dort gut zurechtkommen werden.

Speziell am Gymnasium muss beachtet werden, dass es ein ganz bestimmtes Arbeitsklima gibt, Lernstrukturen und Anforderungselemente, welche zu bewältigen sind. Hier ist es dann geboten, entweder schon im Vorfeld oder möglichst parallel Hilfen zu suchen, beispielsweise durch eine Lerntherapie.

Ebenso wichtig ist die Unterstützung durch die Eltern. Elterliche Liebe sollte nie an bestimmte Leistungen gebunden sein. Kinder müssen möglichst häufig das Gefühl erleben, dass sie – gerade auch in Enttäuschungssituationen – bedingungslos auf ihre Eltern vertrauen können. Dass sie von ihnen unterstützt werden und diese an ihrer Seite stehen.

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Ute Eisenblätter

Autorin:
Ute Eisenblätter ist Dipl. Pädagogin und wissenschaftliche Leiterin des Duden Institutes Darmstadt und Mutter von zwei Kindern
https://www.duden-institute.de/Standorte/Darmstadt

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