Man sieht ein Kind, dass von seiner Mutter umarmt wird
Erfahrungen einer Pflegemutter

01.10.2023

Wir haben mit Anja gesprochen, die eine viereinhalb-jährige Pflegetochter hat.

Welches waren die größten Hürden, die ihr auf dem Weg zur Pflege zu meistern hattet?
Die Schulung durch das Jugendamt. Es gibt einen mehrseitigen Fragebogen, den man ausfüllen muss. Und da sollte man sehr genau wissen was, man will und was nicht. Zudem muss man einen Stammbaum von seiner eigenen Familie zusammenstellen, der sehr weit zurückreicht. Das war gar nicht so einfach, denn meine Mutter hat zehn Geschwister. Dazu kommt ein Lebensbericht über sich selbst, der mehrere Seiten umfassen muss. Nachdem wir das alles erledigt hatten, hieß es warten, bis wir gebraucht wurden. Das hat ein Jahr lang gedauert.

Welche Tipps hast du für Paare, die sich für eine Adoption oder Pflege entscheiden?
Nichts zu überstürzen. In der Ruhe liegt die Kraft, sagt man so schön. Das stimmt. Es kann sehr schnell gehen, dass man gebraucht wird – oder es dauert. Beides kann passieren. Man sollte finanziell so gestellt sein, dass man mit einem Gehalt gut über die Runden kommt.

Wie kann man zu einer Familie zusammenwachsen?
Gerade wenn noch weitere Kinder in der Familie sind, braucht man ganz viel Verständnis und Toleranz. Jeder versucht in der Familie irgendwo seinen Platz zu finden. Zeit haben für den anderen und Zuhören sind sehr wichtig. So fühlt sich keiner zurückgestellt.

Wie belastend hast du den Pflege-Prozess erlebt?
Belastend ist das falsche Wort. Intensiv würde besser passen. Denn die Vorbereitung war sehr intensiv. Eine intensive Schulung durch das Jugendamt. Das Befassen mit der eigenen Familie und der eigenen Vergangenheit. Die Aufklärung darüber, was die zukünftigen Kinder schon alles durchgemacht und erlebt haben könnten.

Man ist von jetzt auf gleich Eltern, wie kann man sich darauf vorbereiten?
Man muss es wollen. Die eigene Sicherheit, in dem was man möchte, ist unheimlich wichtig.

Hattet ihr Ängste, dass ihr der Elternrolle nicht gerecht werden könntet?
Ja. Absolut. Da kommt ein kleiner Mensch, dessen Welt gerade in Scherben liegt. Total auf sich alleine gestellt, ängstlich weil auf einmal nur fremde Menschen um ihn herum sind. Wie geht man damit um, wie fängt man diesen kleinen Menschen auf? Man ist ja selber auch „nur“ ein Mensch.

Wie bereitet man sich darauf vor, ein Kind zu bekommen, das vielleicht schon eine Entwicklung und oft auch traumatische Erlebnisse durchgemacht hat?
Groß vorbereiten kann man sich darauf nicht. Das Beste ist, einfach mitzuschwimmen. Denn ganz wichtig ist die Erkenntnis, dass man selber jeden Tag dazu lernt. Wir als Erwachsene haben den Vorteil, dass wir Situationen erkennen können. Wenn ein Kind in einer Situation fest steckt, braucht es von uns Erwachsenen sehr viel Verständnis, Geduld und Ruhe, um es zu unterstützen.

Wie hat das Umfeld auf die Adoption reagiert? Eltern, Freunde, Verwandte? Hattet ihr diese schon im Vorfeld über Ihre Entscheidung informiert?
Unsere Familien haben wir im Vorfeld informiert. Die Reaktionen waren zum größten Teil positiv. Na klar kamen auch Fragen auf, wie zum Beispiel ob wir uns wirklich sicher sind oder ob wir uns bewusst darüber wären, wie groß die Probleme seien, die die Kinder im Gepäck hätten.

Vielen Dank für deinen Einblick!

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